Concerto

Oktober-November, 2006

 

Andreas Oswald

Sonaten  (1662)

Cheylcus: V. Skuplik, Chr. Moran, E. Erikson (Vl.), M. Müller (Vdg.) O.-Kr. Andersen (Posaune), A. Rovatkay (Dulzian), A. Arend (Chitarrone), M. Fuerst (Orgel, Cembalo), Organum (261036) 2006 (Vertrieb Schallkontor) CD

Mehr als ein Zufallsfund: Andreas Oswald oder Uswalt darf, dieser vorzüglichen Aufnahme nach zu schließen, sicherlich zu den besonders ambitionierten Komponisten seiner Zeit zählen. Über sein Leben ist wenig bekannt, zu einem gewissen lexikalischem Nachruhm hat lediglich die Verwechslung mit jenem Andreas Oswald beigetragen, der 1733 in Augsburg eine Sammlung von Vesperpsalmen als sein Opus 1 im Druck herausgab. Der Andreas Oswald dieser CD ist dem lesenwerten Beiheft zufolge 1634 als Sohn des Weimarer Hoforganistenen zur Welt gekommen und bereits 1665 in Eisenach gestorben. Dort hatte er zuvor als Stadtorganist gewirkt und war damit Vorgänger von Johann Christoph Bach. Außerhalb Weimars und Eisenachs gibt es lediglich die Spur zu einer Streichersonate in der Düben-Sammlung, die darauf hinweist, dass Oswald zumindest bei Seinesgleichen über eine gewisse Bekanntheit verfügt haben muss.
Davon haben sich, wie so häufig bei deutscher Instrumentalmusik jener Zeit, eher zufällige Zeugnisse erhalten: 17 seiner 18 insgesamt bekannten Sonaten sind in einem auf 1662 datierten Manuskript enthalten. Es handelt sich dabei um verschiedenartige einsätzige, abschnittsweise gegliederte Werke: Besetzt mit ein bis drei solistischen Stimmen, stehen virtuose Variationen über einem ostinaten Bass neben freien, locker polyphon gearbeiteten Stücken, stehen liedhafte Regelmäßigkeit neben bizarren melodischen Wendungen und skurrilen rhythmischen Einfällen. Wenn Athanasium Kircher 1650 in seiner Musurgia Universalis die zeitgenösssische Sonate mit dem stylus phantasticus assoziiert, finden sich bei Oswald die passenden Belege dafür.
Neun der Sonaten des Manuskripts von 1662 – und damit mutmaßlicherweise die Hälfte des bekannten Gesamtwerks Oswalds – hat Chelycus nun für diese CD kongenial eingespielt. Die frische Spontaneität und Leichtigkeit der Interpretation folgt den kompositorischen Einfällen, die Lust am Experiment ist den Musikern deutlich anzuhören. Allein die Spannbreite zwischen feiner klanglicher Noblesse in den Liedvariationen (Sonata IV) und knarzigem Concitato (Sonata X) ist schon Ausdruck der Vielfarbigkeit, die vom variabel besetzten Continuo mit perkussiv pointiertem Chitarrone vorzüglich grundiert wird. Zusätzliche Attraktion ist dabei die unlängst rekonstruierte Orgel in der Gottorfer Schlosskapelle, die dem Continuo gerade in den Sonaten mit solistischen Bläsern eine enorme Prägnanz sichert, etwa der Sonata XVII mit der erstaunlichen Solobesetzung Violine, Posaune und Dulzian. In der souveränen technischen Perfektion lässt Cheycus dabei zu keiner Zeit Wünsche offen – eine in jeder Hinsicht maßstäbliche Produktion.

Andreas Waczkat

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